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Inflation, EZB und Aktienmarkt: Was die Zinswende für Anleger bedeutet

Die Inflation in der Eurozone ist im Mai mit 8,1 Prozent auf ein neues Rekordhoch geklettert. Nach langem Zögern hat nun auch die Europäische Zentralbank die Zinswende eingeläutet. Was das für Aktionäre bedeuten kann, haben die deutlichen Kurskorrekturen in den letzten Tagen und Wochen bereits unmissverständlich klar gemacht. Dennoch: Für risikofreudigere Anleger könnten sich auch weiterhin – oder vielleicht gerade jetzt – Chancen am Aktienmarkt bieten.

Aktuelle Markteinschätzung von Michael B. Bußhaus, Gründer und Geschäftsführer von justTRADE

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat lange – für viele Experten zu lange gezögert. Doch nun hatte EZB-Chefin Christine Lagarde keine eine andere Wahl mehr, sie musste liefern und hat geliefert, wenngleich recht zaghaft. Dies bedeutet: Aufgrund der ausufernden Inflation hat Christine Lagarde auf der letzten EZB-Sitzung für Juli eine Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte angekündigt und für September einen weiteren Zinsschritt in Aussicht gestellt. Zur Erinnerung: Seit dem März 2016 verharrt der europäische Schlüsselzins nun schon bei 0 Prozent. Und: Die letzte Leitzinserhöhung erfolgte vor rund elf Jahren.

 

Inflation: Gekommen, um zu bleiben

Mit der angekündigten Trendwende der EZB-Geldpolitik wird sich die Inflation aber sicherlich nicht über Nacht wieder dem angestrebten EZB-Wert von 2 Prozent nähern, das wissen die Ökonomen der EZB auch. Schließlich haben die Währungshüter bei ihrer Juni-Sitzung auch die Inflations-Prognose kräftig nach oben angepasst. Während die EZB-Experten im März für 2022 noch eine durchschnittliche Teuerungsrate von 5,1 Prozent prognostizierten, rechnen sie nun mit stattlichen 6,8 Prozent.

 

Anleger müssen genau hinschauen

Dass über den September hinaus weitere Zinsschritte der EZB folgen werden, erscheint somit zumindest nicht ausgeschlossen. Für den Aktienmarkt und die Anleger könnten die ungemütlichen Zeiten also noch eine Weile anhalten. Zumal: Nicht nur die hohe Inflation und die steigenden Zinsen drücken auf die Stimmung. Auch die nach wie vor unterbrochenen Lieferketten, der anhaltende Krieg in der Ukraine und der an Fahrt verlierende Wirtschaftsmotor machen den Börsianern zu schaffen.

Kurzum: Die Gemengelage ist nicht nur aktuell herausfordernd, sie könnte auch künftig noch für eine erhöhte Nervosität an den Märkten sorgen. Vorsicht ist also angebracht, doch in Panik sollten Anleger nun sicherlich nicht verfallen. Zum einen wird an der Börse die Zukunft gehandelt. Ein Großteil der künftigen Entwicklungen sind daher wohl schon in den Kursen eingepreist. Hinzu kommt: Branche ist nicht gleich Branche und Aktie ist nicht gleich Aktie. Zwar erschwert sich im Zuge der steigenden Zinsen auch die Refinanzierung für Substanzwerte – beispielsweise aus dem Versorger- oder Nahrungsmittelbereich –, doch im Vergleich zu Wachstumswerten etwa aus der Halbleiter-Branche oder des Biotech-Sektors ist die Belastung für Value-Werte geringer.

Dies bedeutet nun aber nicht, dass Anleger jeden Nahrungsmittel- oder Versorgertitel in ihr Depot legen sollten. Auch hier gilt es, genau hinzuschauen und nicht vorschnell Entscheidungen zu treffen. Chancen bieten vor allem Unternehmen mit einer guten Bilanz, einem erfahrenen Management, einem stabilen Geschäftsmodell und einer starken Marktstellung. Denn nur dann ist das Unternehmen in der Lage, die steigenden Preise vergleichsweise problemlos an seine Kunden weiterzureichen.

Auch gut aufgestellte Banken, die besonders stark unter der jahrelangen Nullzinspolitik gelitten haben, sollten vergleichsweise gut durch die zeitnah beginnende Zinserhöhungsphase kommen. Grund ist, dass die höheren Zinsen in der Regel recht zeitnah bei Krediten weitergereicht werden, sich die Finanzinstitute auf der Anlageseite aber häufig schwer damit tun, die höheren Zinsen flott anzupassen. Doch Vorsicht: Sollte eine Erholung der Wirtschaft auf sich warten lassen, könnte auch das eine oder andere Kreditinstitut unter Druck geraten.

 

Risiken reduzieren und Renditechancen wahren

Keine Frage: Die hohe Inflation, steigende Zinsen und die schwächelnde Wirtschaft schaffen ein Umfeld, dass auch für den Aktienmarkt herausfordernd ist. Gerade in Zeiten hoher Inflation sind Aktien für Anleger aber nach wie vor nahezu alternativlos. Zwar bieten sich auch Rohstoff- und Kryptowerte als Depotbeimischung an, doch punkten Aktien als Sachwerte in Inflationsphasen mit einem aussichtsreicheren Risiko-Rendite-Profil. 

Für Anleger mit einem klaren Kompass könnten sich nach den Kurskorrekturen sogar mehr Chancen bieten als Risiken, haben Aktien doch inzwischen Bewertungsniveaus erreicht, die durchaus attraktive Renditechancen vermuten lassen. Doch nicht jeder private Anleger hat – abhängig von seinem individuellen Risiko-Rendite-Profil – die Zeit und das Know how, die für seine Ziele attraktivsten Einzeltitel zu identifizieren. Für alle, die den Kaufkraftverlust dennoch nicht tatenlos hinnehmen möchten, bieten sich als Alternative Brachen-ETFs an, die eine Vielzahl von Werten abbilden und somit das Verlustrisiko reduzieren.

 

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