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Faktor-Optionsscheine: Chancen, Risiken und Funktionsweise

Faktor-Optionsscheine sind Hebelprodukte, mit denen Anleger durch einen festen Multiplikator gezielt auf Kursbewegungen von Aktien, Indizes, Rohstoffen oder Währungen reagieren können.

Im Unterschied zu klassischen Optionsscheinen mit Laufzeit und Basispreis basiert ihre Funktionsweise auf einem konstanten Hebel, der die tägliche Kursveränderung des Basiswerts verstärkt – sowohl bei Long- als auch bei Short-Strategien.

Unser Ratgeber bietet Ihnen eine kompakte Einführung in die spannende Welt der Faktor-Optionsscheine.

1. Funktionsweise und Unterschiede zu klassischen Optionsscheinen

Im Gegensatz zu traditionellen Optionsscheinen, die von verschiedenen Einflussfaktoren wie Zeitwertverfall oder impliziter Volatilität geprägt sind, weisen Faktor-Optionsscheine eine klar strukturierte Mechanik auf. Ihr Wert resultiert aus einer täglichen Anpassung proportional zur prozentualen Kursveränderung des zugrunde liegenden Basiswerts – multipliziert mit einem vorher festgelegten Faktor (z. B.: 3x, 5x oder 10x).

Dieser konstante Hebel unterscheidet sie von klassischen Optionsscheinen, bei denen der Hebeleffekt dynamisch schwankt. Zudem besitzen Faktor-Optionsscheine keine Laufzeitbegrenzung und unterliegen keinem Zeitwertverlust, was sie insbesondere für Trader attraktiv macht, die kurzfristige Marktbewegungen bewusst nutzen möchten.

1.1 Hebelwirkung und Bedeutung des „Faktors“

Der sogenannte 'Faktor' gibt an, wie viel stärker der Faktor-Optionsschein im Vergleich zur Kursbewegung des Basiswerts reagiert. Ein Faktor-Optionsschein mit Hebel 5 bewegt sich beispielsweise um 5% nach oben, wenn der Basiswert 1% steigt – und umgekehrt.

Dabei gibt es sowohl Long- als auch Short-Faktor-Optionsscheine:

  • Long-Faktor-Optionsscheine profitieren von steigenden Kursen.
  • Short-Faktor-Optionsscheine gewinnen an Wert, wenn der Basiswert fällt.

Die Hebelwirkung bietet die Chance auf überproportionale Gewinne, birgt aber auch das Risiko ebenso hoher Verluste. Besonders in volatilen Marktphasen kann dies zu erheblichen Schwankungen führen.

2. Arten von Faktor-Optionsscheinen

Faktor-Optionsscheine lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: Long-Faktor-Optionsscheine und Short-Faktor-Optionsscheine. Beide Varianten nutzen die Hebelwirkung, um Kursbewegungen des Basiswerts verstärkt abzubilden, jedoch in entgegengesetzter Richtung.

2.1 Long-Faktor-Optionsscheine – Setzen auf steigende Kurse

Ein Long-Faktor-Optionsschein ist ein Finanzinstrument, das Kursanstiege des zugrunde liegenden Basiswerts mit einem festen Multiplikator verstärkt. Steigt der Basiswert um einen bestimmten Prozentsatz, steigt der Wert des Long-Faktor-Optionsscheins um genau diesen Prozentsatz multipliziert mit dem festgelegten Faktor.

Beispiel: Sie besitzen einen Long-Faktor-Optionsschein mit einem Hebel von 4 auf eine Aktie. Wenn der Aktienkurs um 1 Euro steigt, erhöht sich der Wert Ihres Optionsscheins um 4 Euro. Steigt die Aktie um 2 Euro, steigt der Optionsschein um 8 Euro. Fällt die Aktie allerdings um 1 Euro, verliert Ihr Optionsschein entsprechend 4 Euro an Wert.

Diese Art von Faktor-Optionsschein eignet sich insbesondere für Anleger, die von einem kurzfristigen Aufwärtstrend eines Basiswerts überzeugt sind und diesen mit überproportionalen Gewinnchancen nutzen möchten. Allerdings wirken sich auch Kursrückgänge verstärkt aus, sodass eine präzise Marktanalyse erforderlich ist.

2.2 Short-Faktor-Optionsscheine – Spekulation auf fallende Kurse

Short-Faktor-Optionsscheine funktionieren nach demselben Prinzip, jedoch mit umgekehrtem Vorzeichen. Sie profitieren von fallenden Kursen des Basiswerts und bieten Anlegern die Möglichkeit, gezielt auf Abwärtsbewegungen zu setzen.

Beispiel: Sie besitzen einen Short-Faktor-Optionsschein mit einem Hebel von 4 auf eine Aktie. Fällt der Aktienkurs um 1 Euro, steigt der Wert Ihres Optionsscheins um 4 Euro. Sinkt die Aktie um 2 Euro, gewinnt der Optionsschein 8 Euro. Steigt die Aktie hingegen um 1 Euro, verliert der Optionsschein 4 Euro an Wert.

Short-Faktor-Optionsscheine sind besonders für diejenigen Anleger von Relevanz, die in schwachen Marktphasen oder bei erwarteten Korrekturen Gewinne erzielen möchten. Jedoch sind auch hier die Risiken erheblich, da eine unerwartete Kursrallye zu schnellen und hohen Verlusten führen kann.

3. Basiswerte und Referenzindizes

Die Kursentwicklung eines Faktor-Optionsscheins hängt direkt von seinem zugrunde liegenden Basiswert ab. Diese Basiswerte können aus verschiedenen Anlageklassen stammen und bieten Anlegern eine breite Auswahl an Handelsmöglichkeiten.

3.1 Mögliche Basiswerte

Faktor-Optionsscheine beziehen sich auf eine Vielzahl von Basiswerten, zum Beispiel:

  • Aktien Unternehmen wie zum Beispiel Apple, Tesla oder Siemens
  • Indizes wie der DAX, der S&P 500 oder der Euro Stoxx 50
  • Rohstoffe wie Gold, Öl oder Silber
  • Währungen wie der Euro/US-Dollar-Wechselkurs

Durch diese Vielfalt können Anleger gezielt Märkte auswählen, in denen sie sich auskennen oder Chancen sehen.

3.2 Erklärung des Referenzindex

Der Referenzindex spielt eine zentrale Rolle bei der Berechnung des Faktor-Optionsscheins. Er spiegelt die tägliche Kursentwicklung des Basiswerts wider und dient als Grundlage für die Hebelwirkung.

Ein Long-Faktor-Optionsschein mit Hebel 3 auf den DAX basiert beispielsweise auf einem speziell berechneten Referenzindex, der die tägliche Veränderung des DAX mit dem Faktor 3 multipliziert. Dadurch ergibt sich die überproportionale Bewegung des Faktor-Optionsscheins.

Solche Mechanismen ermöglichen eine klare und nachvollziehbare Kursentwicklung, setzen aber voraus, dass Anleger die Besonderheiten der täglichen Anpassung und ihrer potenziellen Auswirkungen verstehen.

4. Chancen von Faktor-Optionsscheinen

Durch Faktor-Optionsscheine ergibt sich für Sie als Anleger ein breites Spektrum an Chancen, insbesondere dank der Hebelwirkung und der flexiblen Einsatzmöglichkeiten.

4.1 Potenzial für hohe Gewinne durch Hebelwirkung

Einer der größten Vorteile von Faktor-Optionsscheinen liegt zweifelsfrei in ihrer Hebelwirkung. Investoren können mit einem vergleichsweise geringen Kapitaleinsatz überproportionale Gewinne erzielen. Selbst kleine Kursbewegungen des Basiswerts können durch den Hebel zu erheblichen Renditen führen. Das macht Faktor-Optionsscheine besonders attraktiv für aktive Trader, die systematisch auf kurzfristige Marktbewegungen setzen möchten.

4.2 Einsatzmöglichkeiten: Spekulation auf steigende oder fallende Kurse

Da es wie oben beschrieben sowohl Long- als auch Short-Faktor-Optionsscheine gibt, können Anleger flexibel auf jede Marktlage reagieren. Während Long-Faktor-Optionsscheine von steigenden Kursen profitieren, ermöglichen Short-Faktor-Optionsscheine eine gezielte Spekulation auf fallende Kurse. Dadurch eröffnen sich vielfältige Handelsstrategien, sei es zur Nutzung kurzfristiger Trends oder zur Absicherung bestehender Positionen.

4.3 Flexible Handelsmöglichkeiten im Tagesverlauf

Als Anleger können Sie jederzeit Positionen eröffnen oder schließen, um auf neue Marktbewegungen zu reagieren. Dies macht Sie nicht nur flexibel, sondern erlaubt es Ihnen außerdem, kurzfristige Handelsstrategien effizient umzusetzen. Gerade in volatilen Marktphasen kann diese Flexibilität entscheidend sein, um Chancen konsequent zu nutzen und gleichzeitig Risiken zu minimieren.

5. Risiken und Nachteile

Trotz ihrer attraktiven Chancen bergen Faktor-Optionsscheine auch erhebliche Risiken, die Sie als Anleger unbedingt berücksichtigen sollten. Der Hebeleffekt, die tägliche Anpassung sowie der Zeitfaktor können letztlich erhebliche Auswirkungen auf die Performance haben.

5.1 Hebeleffekt in beide Richtungen: Verlustrisiko

Die Hebelwirkung, die Faktor-Optionsscheine so reizvoll macht, wirkt nicht nur bei Gewinnen, sondern gleichermaßen bei Verlusten. Eine ungünstige Kursentwicklung kann daher in kürzester Zeit massive Verluste zur Folge haben. Schon die kleinsten Marktbewegungen gegen die eigene Position werden durch den Hebel verstärkt und können das eingesetzte Kapital dadurch schnell reduzieren.

5.2 Risiko des Totalverlusts bei Fehlentwicklungen

Aufgrund der Hebelwirkung und der täglichen Anpassung besteht ein signifikantes Risiko des Totalverlusts. Sollte sich der Basiswert in extremem Maße gegen die eigene Position entwickeln, kann der Wert des Faktor-Optionsscheins innerhalb kürzester Zeit auf null fallen. Trader sollten daher stets ein effektives Risikomanagement betreiben und Verluste frühzeitig begrenzen.

5.3 Volatilität und tägliche Anpassungen

Ein wesentlicher Aspekt bei Faktor-Optionsscheinen ist die tägliche Anpassung des Basiswerts, die notwendig ist, damit der feste Hebel dauerhaft eingehalten wird. Dies erfolgt unabhängig davon, ob sich der Markttrend über mehrere Tage hinweg in eine bestimmte Richtung bewegt. 

In stark volatilen Marktphasen kann dieser Mechanismus zu unerwarteten Wertveränderungen führen. Insbesondere nach mehreren Richtungswechseln besteht das Risiko, dass es zu erheblichen Abweichungen von der erwarteten Performance kommt.

5.4 Bedeutung des Zeitfaktors (besonders bei längerer Haltedauer)

Obwohl Faktor-Optionsscheine keine feste Laufzeit haben, sind sie primär für kurzfristige Anlagestrategien ausgelegt. Über längere Haltedauern kann sich der sogenannte „Pfadabhängigkeitseffekt“ negativ auswirken. Selbst wenn der Basiswert über Wochen oder Monate hinweg eine bestimmte Richtung einschlägt, kann die Entwicklung des Faktor-Optionsscheins aufgrund der täglichen Anpassung von der ursprünglichen Erwartung abweichen.

5.5 Exkurs zur Pfadabhängigkeit bei Faktor-Optionsscheinen

Die eben schon genannte Pfadabhängigkeit bei Faktor-Optionsscheinen resultiert daraus, dass der Referenzkurs des Vortages die Grundlage für die Berechnung der prozentualen Wertveränderung des Referenzwertes bildet. Der Wert des Optionsscheins zu einem bestimmten Zeitpunkt hängt somit einerseits vom Kurs des Referenzwertes ab, andererseits aber auch von dessen täglichen prozentualen Entwicklungen bis zu eben jenem Kurs. 

Darin ist letztlich auch der Grund zu sehen, weshalb es bei Faktor-Optionsscheinen trotz wenig volatiler Märkte und der Tatsache, dass der Referenzwert am Ende des Betrachtungszeitraums seinen Ausgangswert wieder erreicht hat, zu Verlusten kommen kann. Folgendes fiktives Beispiel mit dem Faktor 4 x Long verdeutlicht das. Kosten und Gebühren bleiben außen vor.

SchlusskursReferenzwert%-VeränderungKapitalwert%-Veränderung
Tag 1100,00 EUR 100,00 EUR 
Tag 290,00 EUR-10,00%60,00 EUR-40,00% 
Tag 3100,00 EUR+11,11% 86,66 EUR+44,44%

Diese negative Seitwärtsrendite veranschaulicht in der nachfolgenden Abbildung: Wenn der Referenzwert eines Long-Zertifikats von 10 auf 11 Euro steigt, entspricht das 10 Prozent Wachstum bzw. 80 Prozent unter Berücksichtigung des Faktor-8-Hebels. Der Preis des Faktor-Zertifikats erhöht sich also von 10 auf 18 Euro. Am Folgetag fällt der Referenzwert von 11 auf 10 Euro, was einem Minus von 9,1 Prozent gleichkommt. Das gehebelte, achtfache Minus von 72,8 Prozent wird nun aber von 18 Euro abgezogen, wodurch das Faktor-Zertifikat den Ausgangswert von 10 Euro nach unten durchbricht und bei 4,91 Euro landet. Diese Berechnungsmethodik führt dazu, dass das Faktor-Zertifikat mit einem Hebel von 8 über die angenommene Haltedauer von 15 Tagen rund 99 Prozent seines Werts verliert. Es wäre eine höhere tägliche Kurssteigerung erforderlich, um die entstandenen Verluste wieder auszugleichen. So müsste beispielsweise mit Blick auf die Tage drei und vier der Kurs des Referenzwerts nicht um 80 Prozent, sondern um rund 268 Prozent steigen, um das Niveau von Tag zwei wieder zu erreichen.

Kursentwicklung Faktor-Zertifikat

6. Strategien für den Handel mit Faktor-Optionsscheinen

Die effektive Nutzung von Faktor-Optionsscheinen erfordert eine fundierte Strategie. Je nach Marktumfeld und Risikobereitschaft können verschiedene Handelsansätze zum Einsatz kommen, um Chancen optimal zu nutzen und Risiken zu beschränken.

6.1 Einsatz im Daytrading

Faktor-Optionsscheine sind für das Daytrading prädestiniert, da sie vorrangig für kurzfristige Marktbewegungen konzipiert sind. Trader können mit ihnen also auf Intraday-Schwankungen spekulieren und von schnellen Kursbewegungen profitieren. Durch den konstanten Hebel lassen sich bereits mit kleinen Kursänderungen erhebliche Gewinne erzielen. Voraussetzung für erfolgreiches Daytrading ist eine kontinuierliche Marktbeobachtung sowie eine disziplinierte Handelsstrategie mit klaren Ein- und Ausstiegspunkten.

6.2 Hedging/Absicherung von Portfolios mit Faktor-Puts

Neben spekulativen Ansätzen lassen sich Faktor-Optionsscheine auch zur Absicherung bestehender Positionen nutzen. Mithilfe von Short-Faktor-Optionsscheinen (Faktor-Puts) sichern Anleger ihr Portfolio gegen Kursverluste ab. In volatilen Marktphasen bieten Faktor-Puts eine effiziente Möglichkeit, potenzielle Verluste einzudämmen und das Gesamtrisiko so zu reduzieren.

6.3 Kombination mit Stop-Loss-Strategien zur Risikobegrenzung

Aufgrund der hohen Volatilität und des Hebeleffekts ist ein konsequentes Risikomanagement essenziell. Stop-Loss-Orders helfen den Investoren dabei, Verluste zu begrenzen und emotionale Fehlentscheidungen zu vermeiden. Eine sinnvolle Platzierung des Stop-Loss-Niveaus kann verhindern, dass sich kleine Verluste zu gravierenden Fehlentwicklungen ausweiten.

6.4 Tipps zur Marktbeobachtung und Chartanalyse

Technische Analysen spielen eine entscheidende Rolle beim Handel mit Faktor-Optionsscheinen. Wichtige Indikatoren wie gleitende Durchschnitte, Relative-Stärke-Indikatoren (RSI) oder Bollinger-Bänder unterstützen dabei, Ein- und Ausstiegssignale effektiv zu identifizieren. Eine sorgfältige Marktbeobachtung in Verbindung mit einer fundierten Analyse verbessert die Erfolgschancen und minimiert die Gefahr unüberlegter Handelsentscheidungen.

7. Praxisbeispiel: Faktor-Optionsscheine in Aktion

Die Theorie hinter Faktor-Optionsscheinen zu verstehen, ist unabdingbar zum Handeln – doch erst in der praktischen Anwendung zeigt sich ihr volles Potenzial. Anhand eines hypothetischen Szenarios lässt sich verdeutlichen, wie ein Anleger diese Instrumente gezielt einsetzen kann, um von Marktbewegungen zu profitieren.

7.1 Ein konkretes Handelsszenario: Einstieg, Entwicklung und Ausstieg

Unterstellen wir einmal, ein erfahrener Trader beobachtet den deutschen Leitindex DAX und erkennt dabei ein kurzfristiges Momentum-Signal. Aufgrund positiver Wirtschaftsdaten geht er davon aus, dass der Index innerhalb der nächsten Stunden um genau 1% steigen wird. Um diese Bewegung optimal auszunutzen, entscheidet er sich für einen Long-Faktor-Optionsschein mit einem Hebel von 5.

  • Einstieg: Der DAX steht bei 10.000 Punkten. Der Faktor-Optionsschein wird zu einem Kurs von 10 Euro gehandelt.
  • Entwicklung: Wie erwartet steigt der DAX tatsächlich um 1% auf 10.100 Punkte. Aufgrund des konstanten Hebels vervielfacht sich diese Bewegung, sodass der Faktor-Optionsschein um 5% zulegt.
  • Berechnung: 1% (Dax Anstieg) x 5 (Hebel) = 5%
  • Ausstieg: Der Trader verkauft seine Position bei einem Preis von 10,50 Euro (Basispreis: 10€ x 5% = 10,50€) – ein Gewinn von 5% innerhalb weniger Stunden.

Hätte sich der Markt jedoch in die entgegengesetzte Richtung entwickelt und der DAX wäre um 1% gefallen, hätte sich der Faktor-Optionsschein im gleichen Maß nach unten bewegt – der Verlust hätte also 5% betragen.

    Der Trader aus dem eben gezeigten Beispiel kann am nächsten Tag bereits eine andere Einschätzung dem DAX gegenüber haben. So erwartet er, dass Deutschlands Leitindex während des Handelstages um 2% nachgibt. Davon möchte der Trader ebenfalls überproportional profitieren und erwirbt deshalb für 10 Euro einen Short-Faktor-Optionsschein mit dem Faktor -5. 

    Tatsächlich trifft seine Prognose daraufhin ein. Der DAX sinkt um 2%. Im Ergebnis klettert der Wert seines Short-Faktor-Optionsscheins damit um 10% auf 11 Euro, weil -5 (Hebel) x -2% (DAX-Entwicklung). Zur Erinnerung: minus mal minus ergibt plus.

    7.2 Analyse des Gewinn- und Verlustpotenzials

    Dieses Beispiel illustriert eindrucksvoll das hohe Ertragspotenzial von Faktor-Optionsscheinen. Doch ebenso deutlich wird das damit verbundene Risiko: Der Hebeleffekt kann Gewinne enorm steigern, aber auch schnell zu empfindlichen Verlusten führen.

    • Chancen: Durch den konstanten Hebel lassen sich bereits mit geringen Marktbewegungen überproportionale Gewinne erzielen. Besonders für aktive Trader, die kurzfristige Trends identifizieren können, bietet sich hier eine dynamische Anlagemöglichkeit.
    • Risiken: Verluste entstehen in gleichem Maße wie Gewinne. Da sich die Hebelwirkung in beide Richtungen entfaltet, kann eine unerwartete Marktbewegung rasch zu deutlichen Einbußen führen.

    8. Fazit und Empfehlungen

    Wie Sie nun wissen, sind Faktor-Optionsscheine hochdynamische Finanzinstrumente, die bei richtiger Anwendung erhebliche Gewinnpotenziale bieten können. Ihre Hebelwirkung ermöglicht es Anlegern, bereits mit geringen Marktbewegungen überproportionale Renditen zu erzielen – jedoch immer unter der Voraussetzung eines sorgfältigen Risikomanagements.

    Möchten auch Sie mit Faktor-Optionsscheinen handeln, sollten Sie einige Grundsätze beachten:

    1. Disziplinierte Risikokontrolle:Stop-Loss-Orders sind ein unverzichtbares Instrument, um das Verlustrisiko zu begrenzen und unkontrollierte Kursbewegungen abzufangen.
    2. Marktbeobachtung und Analyse: Eine fundierte technische Analyse hilft, optimale Ein- und Ausstiegszeitpunkte zu identifizieren. Zudem müssen Anleger stets aktuelle Marktgeschehnisse im Blick behalten.
    3. Kapitalmanagement: Der Einsatz von Hebelprodukten sollte stets in einem klar definierten Rahmen erfolgen, der das individuelle Risikoprofil des Anlegers berücksichtigt.
    4. Bewusstsein für das Verlustrisiko: Aufgrund der Hebelwirkung können sich Verluste ebenso schnell summieren wie Gewinne. Anleger dürfen daher nur Kapital einsetzen, dessen Verlust sie finanziell verkraften können.
    5. Regelmäßige Anpassung der Strategie: Marktbedingungen ändern sich kontinuierlich. Erfolgreiche Trader passen ihre Handelsstrategie deshalb flexibel an neue Gegebenheiten an.

    FAQ

    Faktor-Optionsscheine unterscheiden sich grundlegend von klassischen Optionsscheinen und Knock-out-Produkten. Der wichtigste Unterschied: Sie bieten eine konstante tägliche Hebelwirkung auf die Kursbewegung des Basiswerts – unabhängig von der Haltedauer.

    Im Gegensatz zu klassischen Optionsscheinen spielen bei Faktor-Optionsscheinen weder die implizite Volatilität noch die Restlaufzeit eine Rolle für die Preisbildung. Anders als Knock-out-Produkte beinhalten sie kein Knock-out-Risiko: Ein Berühren einer Barriere führt nicht zum Totalverlust.

    Allerdings hat die tägliche Neuberechnung des Basiswerts auch Nachteile: In Seitwärtsmärkten oder bei längerer Haltedauer kann der Effekt des konstanten Hebels zu Wertverlusten führen – selbst wenn sich der Basiswert kaum verändert.

    Die tägliche Anpassung stellt sicher, dass der gewählte Hebel auf die prozentuale Tagesveränderung des Basiswerts konstant bleibt. Langfristig kann dieser Mechanismus jedoch zu einer sogenannten Pfadabhängigkeit führen: Bei schwankenden Märkten weicht die tatsächliche Wertentwicklung des Produkts zunehmend vom erwarteten Verlauf ab. Besonders in Seitwärts- oder volatilen Phasen können sich Verluste trotz richtiger Markteinschätzung akkumulieren. Daher eignen sich Faktor-Optionsscheine primär für kurzfristige Einsätze.

    Hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Ob große Aktienindizes wie der DAX, die Nasdaq und der S&P 500, einzelne Aktien oder Rohstoffe wie Gold und Öl. Auch Währungen und ausgewählte Sektoren sind häufig verfügbar. Die Produktvielfalt ermöglicht sowohl breite Marktstrategien als auch gezielte Positionierungen. Entscheidend ist stets die Liquidität des zugrunde liegenden Basiswerts.

    Bei Faktor-Optionsscheinen ist der maximale Verlust auf das eingesetzte Kapital begrenzt – eine Nachschusspflicht besteht demnach nicht. Anleger können jedoch einen Totalverlust erleiden, wenn sich der Basiswert stark gegen die Position entwickelt. Der feste Hebel wirkt dabei wie ein Verstärker, sowohl bei Gewinnen als auch bei Verlusten. Ein konsequentes Risikomanagement ist daher unerlässlich.

    In der Regel sind Faktor-Optionsscheine als Open-End-Produkte konzipiert und haben somit keine begrenzte Laufzeit. Sie können theoretisch unendlich lange gehalten werden – in der Praxis ist das jedoch selten sinnvoll. Aufgrund des täglichen Anpassungsmechanismus führen längere Haltedauern oft zu unerwünschten Abweichungen vom Basiswert. Die Produkte sind primär für kurzfristige Marktbewegungen ausgelegt.