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Deutschland nach der Wahl

Die Bundesbürger haben gewählt, aber nicht entschieden. Sowohl CDU-Chef Armin Laschet als auch SPD-Kandidat Olaf Scholz können Kanzler werden. Für Anleger sollte jedoch vielmehr eine Rolle spielen, dass eine Rot-Grün-Rote Bundesregierung ausgeschlossen ist – und die womöglich zähen Koalitionsverhandlungen auch Chancen bieten können. 

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Nach der Bundestagswahl ist vor den Koalitionsverhandlungen. Das spannende Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden großen amtierenden Regierungsparteien entschied die SPD mit 25,7 Prozent der Stimmen knapp vor der CDU/CSU, die auf 24,1 Prozent kam. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat daraus bereits den Anspruch seiner Partei zur Regierungsbildung abgeleitet. Ob der jetzige Finanzminister künftig tatsächlich die politische Marschrichtung der Bundesrepublik vorgeben wird, entscheiden indes die Grünen (14,8 Prozent) gemeinsam mit der FDP (11,5 Prozent).

Der Poker um die Macht ist eröffnet – mit ungewissem Ausgang. Sicher ist nur: Eine Rot-Rot-Grüne Koalition aus SPD, Grünen und Linken hat keine absolute Mehrheit. Zudem wird erstmals seit 1949 wieder ein Zusammenschluss aus mehr als zwei Parteien für die notwendige Erneuerung sorgen müssen. Denn möglich sind – sofern für die AfD weiterhin nur die Rolle der Oppositionspartei bleibt – eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und der FDP oder ein an die Farben der Jamaika-Flagge angelehntes Bündnis aus CDU/CSU, FDP und Grünen. Eine Neuauflage der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD – selbst bei Beteiligung einer weiteren Partei – ist zwar ein mögliches, aber nicht allzu wahrscheinliches Szenario. Aktuell erscheint kaum vorstellbar, dass die Union eine Juniorrolle in einer von der SPD geführten Regierung akzeptieren dürfte.

Finanzbranche hofft auf die FDP

Da die abzusehende Drei-Parteien-Koalition auf ein zentrales Programm drängen dürfte, steht das Ergebnis der Bundestagswahl für die Kontinuität einer gemäßigten Finanz- und Wirtschaftspolitik. Der nächste Regierungschef wird Kompromisse vorschlagen müssen, die es sämtlichen Koalitionären ermöglichen, sich hinter ihn zu stellen. Die Crux: Mit den Grünen und der FDP haben gerade die Kanzlermacher-Parteien die geringsten Überschneidungen bei den zentralen politischen Themen. Die schwierigsten Sondierungen sind vor diesem Hintergrund zwischen den beiden künftigen Juniorpartnern zu erwarten. Große Differenzen gibt es vor allem in der Finanz- und Arbeitsmarktpolitik, aber auch in der Europapolitik weichen die beiden Parteien inhaltlich stark voneinander ab.

Die Hoffnung der Finanzbranche ruht vor allem auf der FDP. Grund: Sie strebt eine private Aktienrente nach skandinavischem Vorbild an, um die Altersvorsorge zu reformieren. Zudem ist zu erwarten, dass die Liberalen weiterhin auf strenge Steuerregeln achten werden. Zwar dürften auch in einer Ampelkoalition signifikante Steuererhöhungen ausbleiben. Da SPD und Grüne aber auf einen Ausbau staatlicher Unterstützung setzen, könnten die fiskalischen Belastungen zunehmen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die SPD eine Finanztransaktionssteuer einführt, die die Aktien- und Trading-Kultur nachhaltig schädigen könnte.

In einem von Armin Laschet angeführten Jamaika-Bündnis sollten hingegen marktwirtschaftliche Elemente am stärksten zum Tragen kommen: Schwarz-Gelb-Grün dürfte sich für eine reibungslose Modernisierung der Wirtschaft und für die Digitalisierung einsetzen – während die Grünen ihren Einfluss bei der Energiewende geltend machen dürften.

Überschaubare Auswirkungen auf den Aktienmarkt

Bis die Zusammensetzung der neuen Regierung feststeht, könnten noch einige Wochen oder gar Monate ins Land ziehen. Dauerte die Regierungsbildung schon nach der letzten Bundestagswahl 2017 mit 171 Tagen so lange wie nie zuvor, könnten die Sondierungen vor dem Hintergrund der teils stark divergierenden Standpunkte der Koalitionsparteien in spe auch dieses Mal einige Zeit kosten.

Im Zuge der Verhandlungen könnte auch die Nervosität am deutschen Aktienmarkt ein wenig Fahrt aufnehmen. Grund zur Sorge besteht dann aber nicht, im Gegenteil. Sollten die Kurse im Fahrwasser nervöser Märkte tatsächlich unter Druck geraten, könnten Anleger diese Schwächephase vielmehr als günstige Einstiegschance nutzen. Fakt ist: Die großen deutschen Aktiengesellschaften erzielen einen Großteil ihrer Umsätze im Ausland. Welche Parteien auch immer die politische Richtung hierzulande vorgeben werden, die mittel- und langfristigen Auswirklungen auf den heimischen Aktienmarkt dürften daher doch recht überschaubar bleiben.

Politische Börsen haben auch weiterhin kurze Beine

In dieser politisch unsicheren Zeit sollten Anleger zudem eines nicht aus den Augen verlieren: Die anhaltende Niedrigzinsphase spielt Investoren ebenfalls in ihre Karten. Zwar denkt die US-Notenbank inzwischen lauter über eine restriktivere Geldpolitik nach. Es wird aber wohl noch eine Weile dauern, bis die Fed oder gar die Europäische Zentralbank die Leitzinsen erhöhen werden. Attraktive Rendite-Alternativen zu Aktien sind und bleiben daher rar. Das häufig benutze Börsen-Bonmot, wonach politische Börsen kurze Beine haben, dürfte daher auch für diese Wahl zutreffen.

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